Arthrose: Alles, was du für die Prävention und Behandlung wissen musst!

Wer in letzter Zeit nicht unter einem Stein gelebt hat, ist sicherlich dem Begriff «Arthrose» schon das eine oder andere Mal begegnet. Insbesondere, aber längst nicht ausschliesslich, die erfahreneren Generationen werden mit Arthrose konfrontiert. Was aber ist Arthrose eigentlich genau? Und kann man dagegen etwas unternehmen?

Anatomie

Um Arthrose zu verstehen, brauchen wir zunächst etwas Anatomieunterricht: Evolution sei Dank, verfügt unser in allen Facetten faszinierender Körper über Gelenke. Besonders wichtig erscheint mir die Tatsache, dass unsere Gliedmassen durch Gelenke unterbrochen werden. Man stelle sich vor, wie wir mit komplett durchgestreckten Beinen und Armen und ohne Schulter- und Hüftgelenk den Alltag bestreiten würden, wie ein Strichmännchen – ein Ding der Unmöglichkeit! 

Diese Gelenke sind, für uns als Nicht-Therapeuten, extrem komplex aufgebaut. Man kann sich die Gelenke auch wie Scharniere vorstellen, die gewisse klug durchdachte Bewegungsmuster erlauben. Je nach Gelenksart kann das Knie zum Beispiel nur gestreckt oder gebeugt werden, während wir dank unseres Schultergelenks unsere Arme in alle möglichen Richtungen drehen und strecken können. Faszinierend, sagte ich doch!

Aufbau eines Gelenks: https://www.gesundheitsinformation.de/grafiken/gelenk_de_091204jpg.jpg

Ein Gelenk besteht aus zwei Gelenkspartnern (meistens zwei aufeinandertreffende Knochen wie z.B. Ober- und Unterschenkel bim Knie)

die mit einer Knorpelschicht überzogen sind (im Bild gelb),

drumherum, also all das umschliessend, gibt es die Gelenkkapsel und oft mit der Kapselverbunden (aber nicht immer) sind die Bänder, die das Gelenk stabilisieren.

Die beiden Knorpelschichten sind aalglatt, stell dir ein Eisfeld vor, das ganz frisch präpariert wurde, darüber liegt noch ein kleiner Wasserfilm. In etwa so glatt sind die Knorpelschichten, damit sie mit möglichst wenig Reibung gegeneinander bewegen können.

Wenn der Knorpel Hunger hat…

Diese Knorpelschicht wird nicht durchblutet, es befinden sich da also keine Blutgefässe, die wichtige Nährstoffe zur Erhaltung der Gelenke hinein transportieren würden. Trotzdem braucht der Knorpel diese Nährstoffe, die Knorpelschicht ernährt sich deshalb durch Druck und Zug. Das heisst, nur wenn man sich bewegt (oha!) und der Knorpel be- und entlastet wird, kann sich der Knorpel ernähren – wie ein Schwamm, den du ausdrucken kannst und der sich anschliessend wieder mit Nährstoffen vollsaugt. Um also gesunde Knorpel zu haben, brauchen wir viel Bewegung, die die Nährstoffe in unsere Knorpel befördern.

Die zwischen den Gelenkspartnern liegende Gelenkschmiere – im Fachjargon Synovia genannt – ernährt den Knorpel. Diese wiederum wird in der Gelenkkapsel gebildet, und diese produziert die Gelenkschmiere auch nur, wenn sie unbedingt muss, denn sie ist faul. Oder effizient, ich diese Eigenschaft bei mir selbst beschreiben würde.

 

Wenn sie also gedehnt, auseinander- und zusammengefaltet wird, beginnt sie, Synovia zu produzieren und diese wird dann über den Druck in den Knorpel befördert. Voilà, fertig ist das gesunde und wohlgenährte Gelenk.

 

 Und was ist jetzt Arthrose?

Mit der Synovia wird unser Gelenk also nicht nur zu einem gut geölten Scharnier, sondern auch noch zu einem wohlgenährtem! Und wie ein Scharnier, auch wenn es noch so gut geölt worden ist, werden auch unsere Gelenke ge- und verbraucht. Das ist normal. Insbesondere, wenn wir nicht gut Sorge dazu tragen oder berufs- und sportbedingt hohen Belastungen ausgesetzt sind. Natürlich spielen auch genetische Faktoren bei der Abnützungsrate eine Rolle.

Arthrose bezeichnet den Gelenksverschleiss, der über das normale, alters- und lebensbedingte Mass hinaus geht. Wir sprechen also grundsätzlich nicht von der normalen Abnützung, die über die Jahre hinweg Teil eines glücklichen bewegten Lebens sind, sondern eben «mehr als der normale Verbrauch».

Ursachen für die Entstehung von Arthrose

Wir haben gerade erklärt, dass die Gelenke Bewegung und Belastung brauchen, um gut zu funktionieren und «ernährt» zu werden. Wer sich jetzt also viel zu wenig und/oder nur in einem kleinen Bewegungsausmass bewegt (z.B. immer nur bis zum Stuhl oder Sofa runtersitzen, statt in eine tiefe Hocke zu gehen), sorg dafür, dass der Knorpel unterernährt wird, und so entsteht Arthrose. Da eben häufig das gesamte Bewegungsausmass fehlt (Beispiel Kloschüssel), entsteht Arthrose oftmals in den Randteilen der Knorpelstrukturen.

 

Ganz wichtig ist folgende korrekte Schlussfolgerung:
Oft ist Arthrose nicht die Folge einer Überbelastung, sondern entsteht, weil ein Gelenk zu wenig belastet wird!!!! (Ein Ausrufezeichen erscheinte mir zu wenig)

Und...

Arthrose kann auch bei einem sauren pH-Wert entstehen. Ein saurer pH-Wert entsteht ebenfalls durch zu wenig Bewegung und durch schlechte Ernährung und Lifestyleentscheidungen – Zucker, Weissmehl, Süssigkeiten, Rauchen, Alkohol usw. verwandeln unser Körpermilieu eher in ein saures, was den Knorpelabbau zusätzlich begünstigen kann.

 Weiter wissen wir, dass Übergewicht die Entstehungschance von Arthrose erhöht. Eine Gewichtszunahme von nur schon 5kg erhöht das Arthroserisiko um 50% (Guilak & Setton 2005). Das Halten oder Erreichen eines gesunden Körpergewichts spielt also ebenfalls eine wichtige Rolle. Dazu verweisen wir gerne auf folgende Artikel: Vorteile von Fitness und Fat Loss leicht gemacht!

Und nochmals schlechte Nachrichten: Knorpel braucht für die Regeneration ca. 120 Jahre – das werden also die aller meisten von uns nicht mehr erleben, wenn es einmal zerstört wurde. (Zu den guten Nachrichten später)

Symptome und Behandlungen von Arthrose

Als Hauptsymptom der Arthrose wird häufig Anlaufschmerz genannt. Dies können wir mit unserem jetzigen Wissen gut nachvollziehen: Die Knorpelschicht ist kaputt, zu dünn, die Gelenkspartner gleiten nicht mehr schön, es schmerzt. Der anfängliche Schmerz verschwindet nach einer Weile, weil wir durch Bewegung ja wieder Synovia produzieren, was die Gleitfähigkeit im Gelenk wieder verbessert: der Schmerz lässt nach.

 

Bewegung ist also nicht nur die beste Prävention, sondern auch gleich noch das beste Heilmittel. Wie wunderbar ;-)

Arthrose kann einerseits auch schmerz- und symptomlos sein, andererseits kann sie auch so fortgeschritten sein, dass auch Bewegung nicht mehr hilft. Das ist dann ganz sch...

…lecht. SCHLECHT!

 

Bei Bewegung als Heilmittel gilt natürlich, was weiter oben schon klargestellt wurde: Bewegung über das ganze Bewegungsausmass! Beispiel: Während Joggen sehr gesund sein kann, wird das Knie dabei kaum ganz gebogen, es fehlt also ein Teil der Knieflexion (das Biegen des Knies). Auch deshalb ist es wichtig, dass wir beim Krafttraining immer so weit wie möglich bewegen! Auch ist Krafttraining sehr empfehlenswert, weil mit den Gewichten grösserer Druck aufgebaut werden kann.

 

Das heisst: Langhantel auf den Rücken oder Gewichte in die Hände und los geht’s! Wenn du das regelmässig machst, wird der Knorpel wieder besser versorgt und die Symptome lassen nach respektive sorgst für gut genährte Gelenke, damit dir Arthrose so lange wie möglich fernbleibt. Dazu mit gesunder Ernährung den pH-Wert regulieren und schon geht es unseren Gelenken prima!

 

Invasive Therapiemöglichkeiten bei Arthrose

Wenn nichts mehr hilft, kann natürlich auch mittels einer OP ein Gelenkersatz erfolgen. Das ist dann wohl das nächstbeste.

Weitere Operationen sind z.B. die Knorpelglättung, dabei werden alle Verwachsungen rausgeschnitten. Das Problem dabei ist, dass im Gelenk normalenweise kein Sauerstoff vorkommt, der Knorpel mag Sauerstoff nicht, durch die OP gelangt aber Sauerstoff ins Gelenk, was sich negativ auf den Knorpel auswirken kann. Natürlich kann eine Operation auch aufgrund des Placebo-Effekts, der auch bei «Scheinoperationen» (also Schnitt machen, wieder zunähen, fertig) nachgewiesen werden konnte (A controlled trial of arthroscopic surgery for osteoarthritis of the knee).

Dann gibt es da noch die Hyaluronspritzen, die aber auch keinen nachgewiesene Wirksamkeit haben. Die Gelenkschmiere kannst du auch einfach mit 5 Minuten Fahrradfahren auf dem Ergometer herbei zaubern, dafür brauchst du keine teuren Spritzen, die immer ein Infektionsrisiko bedeuten.

 

Zu Injektionen zeichnen aktuellere Studien ein deutlich negatives Bild:

·      Placebo-randomisierte Studie zeigt keinen Unterschied zwischen Korstisoninjektion und Placebo, bezogen auf die Wirksamkeit über 2 Jahre (McAlindon et al. 2017)

·      Wiederholte Injektionen haben einen negativen Einfluss auf die Knorpelstruktur (Zeng et al. 2019)

·      Mittel- und langfristige Komplikationen könnten recht hoch sein (Fallstudie, Kompel et al. 2019)

 Was zum..?!

Auch Mikrofrakturierung des Knorpels wird ab und zu gemacht, dabei werden kleine Löcher in den Knorpel gebohrt. Das klingt ja schon mal nach Spass. Aber auch da kommt wieder Sauerstoff ins Gelenk, wofür der Knorpel nicht gemacht ist, und, wie gesagt, der Knorpel braucht ca. 120 Jahre zum „Heilen“ da helfen wahrscheinlich auch keine zusätzlichen Löcher im Knorpel.

 

Supplemente

Und mein Favorit der vorgeschlagenen Behandlungsmöglichkeiten:

Wenn du richtig viel Geld ausgeben willst, kannst du dich wie immer auf die Supplementindustrie verlassen. Die guten, alten Nahrungsergänzungsmittel. Statt diese zu schlucken, kannst uns einfach zu einem leckeren Abendessen einladen, da haben alle mehr davon.

Natürlich können wir diese gemeine Behauptung auch gut erklären. Und du auch, wenn du dich an den obigen Anatomieteil erinnerst!

Wenn du Supplemente schluckst, gelangen sie zuerst in den Magen, dann in den Darm, werden verdaut und in den Blutkreislauf aufgenommen. Weisst du noch, wie der Knorpel genau nicht ernährt wird? Der Knorpel wird nicht durchblutet!

Ausserdem sind die Nahrungsergänzungsmittel oft sehr gering dosiert, da geht ein Teil schon durch die Verdauung verloren oder wird nicht aufgenommen und der Teil, der aufgenommen wird, verteilt sich logischerweise auf den gesamten Körper, da landet fast oder gar nichts in deinem arthrotischen Knie. Aber man kann es ja mal probieren.

 Move, move, move!

Zum Schluss können wir also unsere Schlussfolgerung nochmals bekräftigen, dass Bewegung die beste Prävention und das beste Heilmittel gegen Arthrose ist! Geh regelmässig spazieren, Velo fahren, wandern und mach zwei bis drei Mal pro Woche Krafttraining, um die Gelenke im gesamten Bewegungsausmass zu ernähren.

Übrigens ist bei Arthrose besonders wichtig, sich für das Training gut aufzuwärmen! Zum Glück haben wir dafür auch schon einen Artikel geschrieben ;-)

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