Mythen Des krafttrainings

Klar ist wahrscheinlich allen, dass man mit Krafttraining die Muskelmasse erhöht. Dies gilt für alle, Frauen, Männer, Junge, Alte. Natürlich spielen die Gene eine Rolle und nicht alle haben das gleiche Hormonprofil und das gleiche Muskelpotenzial. Aber mit der richtigen Ernährung und einem sinnvollen Trainingsplan kann wirklich jede und jeder seine Muskelmasse erhöhen. Nachdem ich, ausführlicher als geplant, die Vorteile von Krafttraining in diesem Artikel untermauert habe, ist es nun an der Zeit, einige hartnäckige Mythen zu zerschlagen, die immer noch zu viele Menschen davon abhalten, sich an die schweren Gewichte zu wagen.


„Ich will nicht wie Hulk aussehen“

Keine Sorge, wirst du auch nicht. Die Angst, zu viel Muskulatur aufzubauen, ist in mehr als 99% der Fälle unbegründet und bestenfalls eine faule Ausrede. Die Chance, dass genau du ein genetischer Freak ist, ist schwindend gering, und du wüsstest es sicherlich schon, man würde es dir ansehen. Dass sind diejenigen, die noch nie Krafttraining gemacht haben und beim ersten Mal 200kg deadliften, problemlos. Das sind diejenigen, die mit 18 Jahren, ohne Trainingserfahrung, schon muskulöser sind als der Durchschnittsbürger nach 10 Jahren Training. Klingt das nach dir? Dann gratuliere ich dir zum genetischen Lotto-Sieg.

Ein Mann kann im ersten Jahr mit einem guten Trainingsplan und zielgerechter Ernährung vielleicht 10kg Muskeln aufbauen, eine Frau eher 5kg. Genetische Unterschiede können hier die Zahl nach unten ziehen. Jetzt still dir die Masse von 5kg Fleisch vor und verteile sie auf deinen ganzen Körper. Ist gar nicht so viel, oder? Im zweiten Trainingsjahr halbieren sich diese Zahlen, im dritten halbiert sich diese Zahl noch einmal und so weiter. Natürlich spielen Gene eine wahnsinnig wichtige Rolle und machen grosse Unterschiede zwischen Individuen aus. Das tolle daran, dass Muskelaufbau so ein langsamer Prozess ist (200g-1kg Wachstum pro Monat), ist, dass man früh genug aufhören kann, wenn einem die Muskelmasse zu viel wird. Was kaum jemals der Fall sein wird, da ja, wie schon gesagt, das Wachstum mit zunehmender Trainingserfahrung rasant sinkt.




„Frauen sollten leichte Gewichte und hohe Wiederholungszahlen (mind. 15-20) wählen“

Bei dieser Aussage kommt mir die K… Das ist völlig absurd. Ich streite keineswegs ab, dass biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen existieren, das betrifft die Morphologie, aber auch den Hormonhaushalt und die Hirnstruktur. Männer haben aus Prinzip 30-50% mehr Muskelmasse (gemein, ich weiss). Und dennoch funktioniert Krafttraining bei beiden Geschlechtern gleich: Es muss auch ab und zu mal schwer sein, sonst nützt es nichts. Und, liebe Frauen, hört auf, euch in Sachen Krafttraining unter eurem Wert zu verkaufen. Wie oft habe ich unseren Kundinnen die Gewichte gereicht, diese haben mit „oh nei, spinnsch, das isch ja huere schwer“ reagiert und dann locker 10 Wiederholungen rausgeschmissen.

Die Gewichte und Wiederholungen, die für Männer funktionieren, funktionieren auch für Frauen: 3-6 für Maximalkraft und Hypertrophie, 8-20 für etwas Kraft und vor allem Hypertrophie und 15-30 Kraftausdauer und Hypertrophie.


„Ausdauertraining ist viel besser und gesünder“

Besser um deine Ausdauer zu verbessern, ja. In allen anderen Metriken ist Krafttraining gleich gut, manchmal sogar besser. Besonders bei der Knochendichte und BDNF (sehr gut für das Hirn) ist Krafttraining empfehlenswerter. Übermässiges Ausdauertraining kann sich sogar negativ auf die Knochen auswirken. Wahr ist allerdings, dass für die Gesundheit im Allgemeinen eine Kombination am besten ist. 

„Krafttraining macht dumm“

Dass das exakte Gegenteil davon stimmt, Krafttraining macht schlau! Wie ich im Artikel zu den Krafttraining Basics beschrieben habe, gibt es für die Gesundheit des Gehirns kaum etwas nützlicheres als Krafttraining. Abgesehen davon, dass man während des Trainings die Alltagssorgen (sofern vorhanden) ausblenden und man sich auf sich selbst konzentrieren kann, haben Studien auch gezeigt, dass durch Krafttraining die Produktion von BDNF (brain-derived neurotropic factor) stark angeregt wird. Das Protein BDNF ist ein Wachstumshormon, das im Hirn selbst produziert wird und für die Bildung und das Wachstum von Neuronen im Hirn zuständig ist. Durch Krafttraining gibt es also mehr BDNF und durch mehr BDNF wachsen unsere Neuronen im Hippocampus, was bessere Lern- und Gedächtnisfunktionen und allgemein bessere Rechenleistung des Gehirn zur Folge hat. Die Hollywoodinszenierung des muskelbepackten Tors ist also falsch. Des Weiteren wird die Durchblutung durch Sport, so auch Krafttraining verbessert, was dazu beitragen kann, Abfallprodukte, Toxine und entzündungsfördernde Stoffe besser aus dem Gehirn zu entfernen, was dessen Funktion natürlich auch wieder steigert.

„Krafttraining macht dich unflexibel und steif wie ein Baumstamm“

Stimmt natürlich auch nicht, sonst wäre es ja nicht in diesem Artikel über Krafttraining-Mythen aufgeführt. Tatsächlich kann das Trainieren mit Gewichten dazu führen, dass man, man sieht es manchmal bei den Bodybuildern, die sich kaum noch das Telefon ans Ohr halten können, Mobilität einbüsst. Dafür sind aber mindestens eine von zwei Sachen nötig: So viel Muskelmasse, wie man sie nur durch chemische Unterstützung erreichen kann, sodass zum Beispiel beim Telefonieren der Bizeps im Weg ist, oder eine schlechte Ausführung der Übungen. Wenn man die Bewegungen immer abkürzt, weil man zum Beispiel zu schwere Gewichte wählt, weil einem das eigene Ego wichtiger als die tatsächlichen Resultate sind, dann wird mit der Zeit die Bewegungskapazität der Muskeln eingeschränkt. Wenn man aber auf eine saubere Ausführung über das gesamte Bewegungsausmass achtet (dazu muss man manchmal halt zu den etwas leichteren Gewichten greifen), dann stimmt wieder einmal das Gegenteil: Krafttraining verbessert die Flexibilität und die Mobilität, sogar ohne Dehnen (obwohl Stretching den Effekt noch verstärken kann). Krafttraining über die gesamte ROM (=Range of Motion, Bewegungsausmass) ist eigentlich wie Dehnen mit Gewichten und Muskelaktivität ist, was, wie in Studien demonstriert wurde, besser für die Flexibilität ist, als statisches Dehnen. Beispiele: Squat bis zur kompletten Kniebeugung, Ellbogen beim Bankdrücken so weit wie möglich hinter den Rücken bringen, Deadlift oder Romanian Deadlift bis ganz nach unten, um die Hamstrings richtig schön zu strecken usw.

„Krafttraining ist nur für junge Menschen“

Wie oben schon beschrieben, ist Krafttraining im Alter mindestens genauso nützlich, wie für Junge, man denke wieder an Knochendichte, Hirnleistung und metabole Gesundheit. Unser ältester Kunde ist aktuell 74 Jahre alt und auch er wird stärker, mobiler und konnte seine Schmerzen spürbar reduzieren.

„Krafttraining macht mich schwer und langsam“

Naja, Muskeln sind schwerer als anderes Gewebe, von daher stimmt es schon, dass muskulöse Menschen schwerer sind, als ihre lauchigen Peers. Da die Muskeln aber gleichzeitig auch der Bewegungsmotor des Körpers sind, stimmt die Aussage erst ab einem gewissen Missverhältnis. Der Motor eines Formel 1-Wagens ist schwerer, als der, eines Fiat Puntos, der Wagen ist trotzdem viel schneller. Aber der Motor eines Lastwagens ist noch grösser, der Wagen langsamer. Gleich geht es bei uns Menschen: Sprinter haben beispielsweise viel massivere Muskeln als Langstreckenläufer und sind dadurch auch viel schneller. Natürlich nur bei kurzen Strecken. Ein Powerlifter oder Bodybuilder, der noch mehr Muskelmasse hat, ist dann aber wieder deutlich langsamer, und das nicht nur wegen der Technik.

Grundsätzlich trainieren die meisten von uns ja nicht für Powerlifting oder Bodybuilding Shows, und wir sind noch davon entfernt, soviel Muskelmasse aufzubauen, daher macht uns richtig geplantes Krafttraining tendenziell schneller, explosiver und leistungsfähiger.

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Ablauf eines Bandscheibenvorfalls: Eine persönliche Geschichte