Leaky Gut: Hast du Löcher im Darm?

Was ist Leaky Gut, wie kommt es dazu, was sind die Folgen und was kann man dagegen tun?

Leaky Gut ist ein etwas schwammiger Begriff, der eigentlich nichts anderes als „durchlässiger Darm“ bedeutet. Der Begriff kommt immer mehr auf und beschreibt vieles und gleichzeitig nichts, weil man nun auch unklare Krankheitsbilder dem „Leaky-Gut-Syndrom“ zuschreiben kann. Ausserdem ist es ja auch die Aufgabe des Darms, Nährstoffe aufzunehmen, was eigentlich bedeutet, dass der Darm auch in gesundem Zustand „durchlässig“ sein muss, es ist also wieder einmal eine Frage des Ausmasses, die zwischen Physiologie und Krankheit entscheidet.

Obwohl die regulierte Durchlässigkeit des Darms also für unsere Nährstoffaufnahme essenziell ist, stellt ein zu durchlässiger Darm ein schweres gesundheitliches Risiko dar, dass man lieber angeht, bevor es dazu kommt, da die Folgen manchmal heftig und irreversibel sein können.

Wie so oft beginnen wir unseren Artikel mit etwas Anatomiekunde.

Es war ein Mal unser Verdauungssystem: Funktion unseres Darms

Es war einmal unser Verdauungssystem, das wunderbare Arbeit leistete. Eine wahnsinnig komplexe Maschinerie, die für die tägliche Nahrungsaufnahme unerlässlich war und ist und gleichzeitig zum Schutz des restlichen Körpers fantastische Arbeit leistet. Gegessene Lebensmittel werden aufgespalten, die nützlichen Nährstoffe aufgenommen, die nutzlosen ausgeschieden, gefährliche Eindringlinge, die über den Mund in den Körper gelangen werden im Optimalfall ebenfalls vernichtet oder vor die Tür gestellt.

Doch wie bei jeder komplexen Maschine können auch beim Darm Schwachstellen entstehen, die gerne mal zu weiteren Problemen führen. Jeder Mechaniker wird dir vehement bestätigen, dass das Potenzial für solche Schwachstellen umso grösser ist, wenn man die Maschinenbestandteile nicht gut pflegt. Und seien wir ehrlich, wenn wir die Essgewohnheiten und Lifestyles von heute betrachten, müssen wir feststellen, dass viele von uns sehr häufig frevelhaft mit unserem Körper umgehen. Insbesondere ist klar, dass wir stark dazu neigen, Lebensmittel zu verspeisen, die im Darm grossen Schaden anrichten. Und dann lassen wir den Schaden in der Regel auch noch sein oder giessen noch zusätzlich Öl ins Feuer.

Bleiben wir kurz bei der Mechanik-Analogie: Du kaufst ein fahrtüchtiges Auto, dass dir Freude bereitet. Mit der Zeit, wie es halt so ist, entstehen Kratzer, eine kleine Delle am Heck. Nach dem Winter ist das Chassis wegen des Salzes in Gefahr, zu verlumpen - Unterbodenwäsche vergessen und schon beginnt das Salz am Material zu nagen. Der letzte Ölwechsel war noch vor dem Autokauf. Service? Geht auch nächstes Jahr. Irgendwann haben wir uns dann an die merkwürdigen Geräusche des Motors und den schwarzen Rauch, der beim Anlassen aus dem Auspuff aufsteigt, gewöhnt und halten das seltsame Fahrverhalten in den Kurven für normal. Das Knirschen beim Gangschalten war doch auch schon immer, nicht wahr?

Das gleiche erleben wir auch mit unserem Körper respektive mit unserem Darm. Im Laufe der Zeit schleichen sich Bakterien, Viren, Essensrückstände oder sonstige Fieslinge durch Schwachstellen im Darm in den Körper. Die Verdauung läuft nicht mehr optimal, Blähungen und Geräusche begleiten nun jeden Abend die gemütliche Netflix-Zeit nach dem Abendessen.

Das Problem ist, dass wir uns an diese Missstände wie Verdauungsstörungen und damit verbundene Probleme wie Schlafstörungen, Energielosigkeit, das Gefühl von Schwäche, Stress, Reizbarkeit und viele (!) mehr gewöhnen! Und dann, im Alter von 30, 40 oder 50 Jahren, wissen wir gar nicht mehr, dass es eigentlich nicht normal ist, jeden verflixten Morgen müde und „groggy“ aufzuwachen. (Ist es nämlich nicht…)

Wie kommt es dazu?

Wenn wir uns vorstellen, dass unser Verdauungstrakt wie eine lange Röhre ist, die von unserem Mund bis zu unserem Anus reicht, dann ist die Wand dieser Röhre normalerweise undurchlässig für schädliche Stoffe wie Bakterien oder Toxine. Diese Stoffe werden durch eine Barriere aus Schleim und engen Verbindungen zwischen den Zellen des Darmepithels zurückgehalten. Diese engen Verbindungen nennen wir auch Tight Junctions (also „enge Verbindungen“ auf Englisch, lol) und sind von unmessbarer Wichtigkeit, da sie eben eigentlich dafür sorgen, dass Pathogene (=schädliche Stoffe etc.) nicht durch die Darmwand dringen können. Die Arbeit des Darmes besteht neben der Aufspaltung der Lebensmittel eben auch darin, die nötigen Nährstoffe durchzulassen, während die „bösen“ abgewiesen werden.

Doch manchmal kann es passieren, dass diese Barriere durchlässiger wird, als wir es eigentlich bräuchten, und dann können schädliche Stoffe in den Körper gelangen. Die Gründe dafür können vielfältig sein, von einer schlechten Ernährung über Stress bis hin zu bestimmten Medikamenten. Auch die Zufuhr von Alkohol und Rauchen kann die Schleimhaut schädigen, diese Tight Junctions schwächen und zum überdurchlässigen Darm, zu Leaky Gut führen.

Diese Tight Junctions, die beim Leaky Gut durchlässig werden, befinden sich grundsätzlich im Dünndarm, wo Enzyme aus der Galle und der Bauchspeicheldrüse Proteine, Fette und Kohlenhydrate in kleinere Bauteile (Aminosäuren, Fettsäuren und Monosaccharide) zersetzen.

Die Folgen von Leaky Gut: Wenn Schadstoffe in den Körper gelangen

Stell dir den Verdauungstrakt vom Mund über die Speiseröhre und den Magen bis hin zum Darm nochmals als Tunnel vor, dann erkennst du, dass sich das, was wir über den Mund zu uns nehmen, eigentlich noch nicht im Körper befindet, sondern noch in der Verbindung, im Tunnel der vom “Eingang” zum “Ausgang” führt. Das coole an diesem Tunnel ist, dass die Wände die Fähigkeit besitzen, Nährstoffe durchzulassen, die wir zum Leben brauchen. Das Problem des Leaky Guts ist, dass die Tunnelwände zu grosse Löcher haben, die zu lange offen bleiben, wodurch auch krankmachende und schädliche Stoffe die Wand durchdringen und in den Körper gelangen.

Dies kann zu Entzündungen und anderen gesundheitlichen Problemen führen. Das Immunsystem reagiert auf diese Eindringlinge und versucht, sie nach bestem Wissen zu bekämpfen. Aber wenn es ständig damit beschäftigt ist, können chronische Entzündungen entstehen, die zu einer Vielzahl von Krankheiten beitragen können. Diese chronische Entzündung setzt unseren Körper unter Druck, wir sind ständig gestresst, werden sehr schnell krank und unsere Leistungsfähigkeit nimmt in allen Bereichen ab: Kognition, physische Leistung, Muskelaufbau und Fettabbau wird erschwert. Es können Allergien oder schwere Autoimmunkrankheiten wie Hashimotos oder Multiple Sklerose entstehen, Depression wird mit Leaky Gut in Verbindung gebracht, Hauterkrankungen gehören ebenfalls zu den häufigeren Begleiterscheinungen. Leider sind nicht alle dieser Probleme reversibel und bleiben somit bestehen.

Achtung! Dieser Blog ist nicht als Arzt-Ersatz gedacht und wir geben auch keine medizinischen Tipps! Wir können aber ein paar Anzeichen auflisten, bei denen sich ein Besuch beim Spezialisten lohnen könnte.

Es gibt mehrere Anzeichen dafür, dass man an einem Leaky Gut-Syndrom leiden könnte. Dazu gehören Blähungen, Verdauungsprobleme, Hautausschläge und Müdigkeit. Aber auch chronische Krankheiten wie Diabetes oder Rheuma, Depressionen können auf einen durchlässigen Darm zurückzuführen sein. Die Liste ist fast endlos, und bereits bestehende Leiden, die ursprünglich nichts mit dem Darm zu tun hatten, werden häufig durch den Leaky Gut verstärkt oder negativ beeinflusst.

Die gute Nachricht ist, dass man viel dagegen tun kann, sogar die irreversiblen Erkrankungen können eingeschränkt werden, bakterielle und virale Probleme können in der Regel behandelt werden und eine „Sanierung“ des Darms, also ein Totalservice der Maschine, hat grandiose Chancen, Probleme mit Schlaf, Müdigkeit, Energielosigkeit, Verdauungsprobleme und Blähungen, reduzierte Hirnleistung und die körperliche Leistungseinschränkung wiederherzustellen!




Der Service - Reparatur der Tight Junctions und Wiederherstellung der Darmfunktion

Das Interventionsprotokoll (z.B. die Einnahme und Dosierung von Supplementen, Sportregime, oder sogar medizinische Interventionen) muss schlussendlich professionell und individuell von einem Experten wie z.B. einem Naturheilpraktiker oder Arzt mit zusätzlicher Ausbildung zusammengestellt werden, seriöserweise nach vorangegangener Stuhlanalyse, denn nur so kann mit Sicherheit gesagt werden, ob die Tight Junctions beschädigt sind und/oder ob noch andere Probleme im Verdauungstrakt vorliegen, die ebenfalls angegangen werden müssen.Oft muss auch das Mikrobiom mitbehandelt werden. 

Grob lassen dich dennoch einige Möglichkeiten aufzählen, die vielleicht, jedenfalls zeigt die die Studienlage, helfen könnten. Dazu gehört längeres Fasten (z.B. Frühstück weglassen oder zwei Mal pro Monat einen Tag fasten etc.), um dem Darmepithel Zeit zur Regeneration zu gewähren. Regelmässiger Sport ist sowieso unerlässlich für unsere Gesundheit und beeinflusst auch den (Zucker-)Stoffwechsel positiv, was dem Darm ebenfalls zu Gute kommt. Viel Gemüse und Früchte mit Ballaststoffen, Vitaminen und Mikronährstoffen müssen zwingend her. Auf abgefertigte Produkte mit viel raffiniertem Zucker, gemischt mit Transfetten und viel Salz müssen wir (vorerst) verzichten später selten konsumieren. Ein gesunder Schlaf und ein gesunder Mund (tägliches Zähneputzen, Zahnseide, jährliche Zahnreinigung) sind ebenfalls förderlich. Die Mundflora, also die Bakteriensiedlung des Mundes, ist übrigens nicht zu unterschätzen, da wir dutzende Male pro Tag schlucken, inkl. Bakterien. Deshalb ist es ebenfalls wichtig, dass wir in unserem Mund über für uns gute Bakterien verfügen. Fermentierte Lebensmittel sind übrigens ein wahrer Segen für gute Bakterien im Darm, wir denken da an Sauerkraut, (echtes) Joghurt, Kombucha (hier auch bitte auf Herstellung achten) und generell eingelegte/fermentierte Lebensmittel. 

Am wichtigsten für die Rückkehr zur normalen Funktionalität der Tight Junctions ist der Lifestyle. Insbesondere Stressabbau, aber auch gesunde Ernährung, Bewegung und Sport  sind wichtig, für gesunde Entzündungsmechanismen und dementsprechend für einen gesunden Darm. Weiter können, wie in Studien demonstriert wurde, folgende Nährstoffe (allenfalls als Supplement) die Tight Junctions mit der Zeit reparieren.

  • Vitamin D

  • Omega 3-Fettsäuren

  • Glutamin (immer in Kombination mit Ribose!)

  • Zink

  • Kurkuma

  • Prä- und/oder Probiotika (in Absprache mit Experten!)

Stressabbau (cooler Artikel dazu), regelmäßige Bewegung und Sport helfen auch, das Immunsystem zu unterstützen und Entzündungen zu reduzieren, was wiederum den Schlaf verbessert. Dieser bessere, tiefere Schlaf bedankt sich dann, indem er dem Körper die anderen Prozesse erleichtert. Ausgeruht ist es einfacher, auf Schoggi zu verzichten, oder? Weniger Schoggi = Weniger Entzündung.

Eine gesunde Ernährung, die reich an Ballaststoffen und probiotischen Lebensmitteln ist, kann dann natürlich dazu beitragen, die gesunden Bakterien des Dickdarms (sog. Darmflora) zu füttern, damit diese sich wohlfühlen, vermehren und uns bei unserer Verdauung unterstützen können. Ein weiteres Problem kann nämlich SIBO (=Small Intestinal Bacterial Overgrowth) sein, wo, häufig aufgrund schlechter Ernährungsgewohnheiten, die Bakterien in den Dünndarm hoch wandern. Sind da dann die Barrieren nicht intakt, gelangen diese Bakterien in den Blutkreislauf, wo sie nicht hingehören. Das Immunsystem muss nun wieder aktiv werden. Mehr Entzündung ist die Folge. Obwohl Leaky Gut eher ein Problem des Dünndarms ist und die Bakterien im Dickdarm, schadet es sicherlich nicht, auch auf die Gesundheit des Dickdarms Wert zu legen.

Deine Gesundheit ist deine Verantwortung, du musst dich selber darum kümmern

Das waren viele neue, hoffentlich nützliche, Informationen, die es erstmal zu verdauen gilt (lol). Wenig überraschend die Tatsache, dass wieder einmal mehr Ernährung, Bewegung, Sport, Schlaf und Stressmanagement ausschlaggebend sind für, nun ja, unsere Gesundheit. Es ist frustrierend, wenn einige oder viele der Prozesse im Körper nicht rund laufen. Viele von uns schlagen sich mit Diäten herum, die nicht zu funktionieren scheinen, nehmen Medikamente bis zum Abwinken, ohne dass die Ursache für das Problem gelöst wird, schlafen schlecht, essen noch schlechter und mühen sich von Tag zu Tag ab.

Und dann findet auch noch niemand heraus, dass es am Darm liegt, weil, obschon in vielen Belangen wahrhaftig wundervoll, die Schulmedizin in solchen Angelegenheiten ein Spätzünder par excellence ist und sich gewisse Probleme halt eben nicht einfach mit Medikamenten nachhaltig wegzaubern lassen. Das Thema wurde lange und wird häufig noch stiefmütterlich behandelt, insbesondere die eher alteingesessenen Mediziner scheinen das Thema oft zu belächeln. Das kann daran liegen, dass die Studien vielleicht damals noch nicht aussagekräftig waren oder dass es bedauerlicherweise kaum in der Medizinausbildung vorkommt. Heute gilt aber: Die Studienlage ist eindeutig!

Es ist dann nicht immer einfach, einen Experten zu finden, der sich genau mit deinem Leiden auskennt, wie jetzt eben beispielsweise „Leaky Gut“, das in der Schulmedizin sehr lange als Ammenmärchen belächelt wurde (klar, der Begriff an und für sich ist „unmedizinisch“ und müsste einen dem Fachjargon entsprechenden Titel erhalten; heute heisst es Intestinale Hyperpermeabilität, also zu druchlässiger Darm). 

Und dennoch scheint der erste Lösungsschritt für so viele Probleme der gleiche zu sein: Stress reduzieren, mehr Gemüse, Früchte, weniger Schoggi und mehr Sport und Schlaf. Nebst dem, dass sich all das ohnehin gegenseitig positiv beeinflusst, hat auch jede Massnahme individuell ihre Vorteile und Nutzen für unseren Körper.

Es ist wichtig, auf die Signale unseres Körpers zu achten und im Zweifelsfall einen Arzt aufzusuchen, der eine genaue Diagnose stellen kann. Aber indem wir unsere Ernährung und unseren Lebensstil anpassen, können wir unserem Verdauungssystem helfen, gesund zu bleiben und uns vor den negativen Auswirkungen eines Leaky Gut-Syndroms schützen.

Dadurch nimmt die Lebensfreude und unsere Leistungsfähigkeit in sämtlichen Bereichen zu, unser Sozialverhalten wird wieder angenehmer, wir werden wieder Mensch.

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